Dazwischen
Samstag, 12. Juli 2025

Mehr Offenbarung denn Tribut, im besten Sinne

www.europaballett.at

Gestern waren wir in St. Pölten beim Europaballett, ich hatte high hopes und war gleichzeitig etwas nervös, denn wenn Musik an sich so stark ist, was will, oder kann man hinzufügen? Am Ende habe ich Rotz und Wasser geheult, so toll haben es Michael Fichtenbaum und der unfassbar großartige Florient Cador umgesetzt.

Queen.

Bis zu meinem dreizehnten Lebensjahr war ich felsenfest davon überzeugt, niemals im Leben etwas anderes als klassische Musik hören zu wollen. Dann borgte mir unser ehemaliger Lehrling H. die Platte ‚Queen - Greatest Hits‘, ich überspielte sie mir auf Kassette und hörte den restlichen Sommer, mit dem Walkmen, nichts anderes mehr. Der Beginn einer langen Reise.

Man braucht über das Genie Freddie Mercury nicht viel zu sagen, er steht für sich. Ich weiß noch, wie die neue Freundin des Mannes, in den ich mit Anfang zwanzig verliebt war, mich auf einer gemeinsamen Autofahrt ausgelacht hatte, weil ich zugab Queen zu mögen, irgendwann dazwischen war die Band mal ur uncool, aber ich stand zu meiner ersten Rock'n'Roll - Liebe, und dann kam der Austrofred, meine Gefühle wurde wieder salonfähig.

Die Zeit auf der Tribüne der Open-Air Bühne ist wie im Flug vergangen, es gab keine einzige Länge in diesen zwei Stunden, keine Sekunde die langweilig gewesen wäre, oder gar uninteressant.

Ich weiß ja nicht, ob es überhaupt noch Karten gibt, aber ich würde das jedem nahelegen, der sich für Kultur interessiert, dort hin zu gehen. Mr. Mercury liebte das Ballett und die klassische Musik, der Kreis, der sich mit diesem Abend geschlossen hat, wenn am Ende ein legendäres Lied eines anderen, ganz Großen der Pop-Musik ertönt, erst von einer Frau gesungen, dann im Original, löst gerade wieder Gänsehaut aus. Das Publikum applaudierte stehend zehn Minuten lang, mit Recht, dieser Meisterleistung.

Die Kostüme und das Bühnenbild, der, als Manager Jim Beach durch den Abend führende Hans Georg Heinke, Nichika Shibata als innerer Mahner von Freddie Mercury, sein Gewissen quasi, dass ihn nie verließ, und zurück zu seiner Familie und seinen Freunden brachte, der junge, absolut erstaunliche Ballkünstler, die Lichtshow, die Power und kraftvolle Präsenz jedes einzelnen der Tänzer, ich war umgeworfen, und komplett inspiriert.

Der einzige Wermutstropfen, oder, für feine Ohren wie meine, Verbesserungsvorschlag wäre eine neue Musik-Anlage.

Hat irgendjemand 100.000 Euro für mich? Diese Bühne braucht ein Soundsystem, dass man bis nach Wien hören kann, dass die feinen Nuancen, die das Ballett und die Inszenierung auf den Punkt zu bringen in der Lage sind, unterstützt.

Ich möchte ihnen echt nahelegen, wenn Sie noch Karten ergattern können, eine der kommenden Vorstellungen zu besuchen. Mir selbst war Ballett fremd, lange Jahre, dass ich jetzt ein solch großer Fan bin, liegt an dieser Truppe, und dem Spirit, den sie ausstrahlen. Modern, zeitlos, voller Leidenschaft und mit der gehörigen Portion Ambivalenz, die zum Leben dazu gehört, keine Schöntuerei, kein Kitsch, emotional, aber nicht anrührig, mit Power und leisen Zwischentönen, wie das Leben einfach, große Kunst.

Chapeau!

Ps. Danke, M. dass Du mich auf die Idee gebracht hast, dieser Kunstform eine Chance zu geben. Hat mein Leben verändert.

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