Dazwischen
Donnerstag, 7. August 2025

Bilder folgen morgen :D

Hab das ja schon sehr oft erzählt, aber:

Mein Vater hat vor über dreissig Jahren in Japan ein Foto eines buddhistischen Tempels gemacht. Aufgenommen an einem grauen Tag war es, man muss das so sagen, ein Schnappschuss eines Gebäudes, nichts Besonderes, für The Gram wäre es nicht tauglich gewesen, hätte es das damals schon gegeben. Wie schade! Denn was das Bild mit mir gemacht hat, ist seltsam, aber wahr. Es hat meine Depression darüber, dass ich mit Anfang zwanzig so krank geworden bin, dass mein Leben quasi vorbei schien, aufgelöst, als es mir zufällig beim Blättern in den Fotos begegnete. Markierte eine Wegscheide in meinem Leben, ich wußte, so schlagartig, wie die tiefe Depression vorbei war, dass ich sie nie wieder in meinem Leben haben würde, in dieser Form. Irgendwie hatte ich mein Schicksal akzeptiert, meinen Frieden gemacht und alles was folgte, war zwar auch manchmal traurig und voller Tränen, aber nie mehr so tief schwarz, wie der Verlust der gesamten Zukunft gewesen war. Immerhin am Leben, ab und zu fühlte sich das sogar richtig gut an. Als ich begann, Käfer zu zeichnen mit den Farben, die meine Hamster-Tante mir geschenkt hatte. Begab mich, wenn auch nur kurz, in Papier und Stift. Dann wieder lange unterdrückte ich dieses Bedürfnis.

Das zweite Bild meines Lebens kam von Aurora, im Fediverse, vor, ich schätze auch schon zwei Jahren bereits: eine Fotographie der Zeche Zollverein, backsteinrot vor blauem Himmel. Und wieder, dieses Einrasten in der Seele, ein Zahnrädchen hatte seine Welle gefunden, absolut ohne potentiell mögliche Erklärung, einfach so. Erneut tat sich etwas auf, von dem ich zwar geahnt hatte, dass es da war, das aber nicht mit mir hatte: Bin Malerin, in meinem kaputten Knie oder wo auch immer versteckt schlummerte all die Jahre die Künstlerin, eine Frau, die ihre Behinderung akzeptiert und die auf einmal dank dieser Behinderung, die sich manchem wohl eher als Geschenk offenbart, wenn er oder sie sich genau hinzuschauen getraut, etwas gefunden hat, dass sie verloren glaubte. Ich möchte nicht pathetisch werden, ich möchte das gerne ohne Gefühl, ganz nüchtern, beschreiben. Aber ich male wieder!

Wie schwer das erscheinen muss, die Schönheit, die ich wahrnehme, in die Bilder fliessen zu lassen, ohne sie zu überladen oder ihnen die Tiefe durch Sentimentalität zu nehmen, und doch ist es äußerst leicht. ES fliesst.

Im getippten Wort hingegen gehen die wilden Pferde jedesmal mit mir durch. Ich fühle! Ich bin! Und das darf sein! Hört her! Ist das nicht phantastisch! Yeah! Kreisch! Ich! Bin! Usw.

Meine Güte, vielleicht wird es darauf hinauslaufen, dass ich, einsam, arm, alt und krank, mir das Leben nehmen werde, einmal. Dann ist das halt so.

Das hier, diese Stunden jetzt vor Schreibtisch und Staffelei, in der Werkstatt; die Gespräche und das Gelächter mit O, sein Mut, seine Kommunikationsfähigkeit und Zugewandtheit zum Leben, sein Humor und die Gewissheit, mir alles sagen zu können; dass ich die Fähigkeit beweisen habe, mich um einen Schutzbefohlenen gut genug kümmern zu können, dass ich mich frei gekämpft habe und nun ein Zimmer für mich alleine habe; dass es diesen einen Mann in meinem Leben gibt, den ich, auch wenn ich ihn nie wieder sehen sollte, als meinen Ganter erkoren habe, dem ich einfach treu bin über das Leben hinaus; das alles ist mein Bonus-Level. Der Abspann. Das echte Leben im Richtigen.

Egal jetzt, ob das so bleibt, ob mein Knie innen schimmelt oder ich morgen ohne Job und Wohnung dastehe, egal, ob irgendwann mal jemand meine Bilder kaufen wird, oder ob sie zu einer Tages-Zeitung recycelt werden, einst, ich habe den Tempel gesehen und die Zeche Zollverein, und irgendwie hab ich ein Gefühl, dass noch ein Bild kommen wird, das mir einen Horizont eröffnen kann, von dem ich gerade nichtmal zu träumen wage. Insofern. Danke. Und nix für ungut. Pathos stinkt, aber morgen gehe ich wieder duschen. Salü!

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